Obwohl wir uns häufig gegen das intuitive Marketing aussprechen, sind es eben die intuitiven, menschlichen Verhaltensweisen, die uns bei der Ausgestaltung von Marketing- und Kommunikationsmassnahmen beschäftigen. Wir analysieren dabei, welche rationalen, psychologischen oder sozialen Präferenzen Kund:innen und Patient:innen haben und wie wir diese in der Strategieentwicklung und bei der Umsetzung von Marketingmassnahmen berücksichtigen können.
Um die Entscheidungen von Patient:innen oder Kund:innen zu lenken, müssen wir verstehen, was deren Verhalten beeinflusst. Für alle, ausser die absoluten Hardliner-Ökonomen, ist klar, dass das menschliche Verhalten teils rational, teils emotional ist. Diese Erkenntnis wurde im Marketing berücksichtigt, lange bevor sich die Verhaltensökonomen mit der Thematik beschäftigten. So war die angewandte Psychologie immer ein wichtiger Bestandteil des Marketings.
Aber eben, manchmal benötigen Leistungen bei ähnlichem Inhalt eine neue «Verpackung» oder ein neues «Label» um attraktiver zu wirken. So wird die Verhaltensökonomie teilweise als Novum im Marketing präsentiert, auch wenn dem nicht ganz so ist. Was selbst wiederum eine gute Marketingstrategie ist.…
Wo wenden wir verhaltensökonomische Erkenntnisse, Entscheidungspsychologie und Behavioral Economics im Marketing und in der Kommunikation an?
Schon in den 50er-Jahren des letzten Jahrhunderts hat sich Herzberg mit dem Thema der menschlichen Motivationen beschäftigt. Auch die Bedürfnispyramide von Maslow (1943) gehörte zu den ersten Theorien, die das Entscheidungsverhalten und die menschliche Motivation zu klassifizieren anstrebten.
Sowohl die Verhaltensökonomie als auch die angewandte Psychologie im Marketing betonen die Bedeutung des Framings von Anreizen (z.B. Einordnung eines Angebots in das Umfeld), der Generierung von Vertrauen (z.B. Menschen verlassen sich auf frühere Erfahrungen) und der Cognitive Biases (z.B. bei verschiedenen Angeboten wird häufig das mittlere Segment gewählt, weil man keine falsche Entscheidung treffen will) als Massnahmen zur Verhaltenslenkung.
Menschen treffen für sich selbst aber nicht immer optimale Entscheidungen. Das ist nicht erst seit dem Buch «Nudge – Wie man kluge Entscheidungen anstösst» von Richard Thaler und Cass Sunstein aus dem Jahre 2009 bekannt. Wir alle treiben vermutlich weniger Sport als wir sollten oder essen ungesünder als es empfohlen wird. Dieser Mangel an Rationalität oder Selbstkontrolle kann durch sogenannte Nudges, also kleine Schubser, teilweise kompensiert werden. Die Idee dabei ist, dass durch eine sanfte Veränderung der Rahmenbedingungen (z.B. komplexe Entscheidungen zu erleichtern oder die geforderte Selbstkontrolle zu reduzieren), das Entscheidungsverhalten gesteuert werden kann.
Was heisst das konkret? Hier einige Beispiele: Die «besten Information», der «günstigste Preis» oder die «beste Qualität» sind nicht immer entscheidend für das menschliche Verhalten. Menschen mögen auch Standardvorgaben, binden sich selber, um Entscheidungen zu vereinfachen oder meiden den Aufwand, komplexe Sachverhalte zu verstehen und nehmen in Kauf, dass sie möglicherweise nicht den besten Preis oder die beste Qualität erhalten.
Menschen mögen Standardvorgaben: In den Ländern, in denen die Organspende Standard ist und Menschen die ihre Organe nicht spenden wollen, sich aktiv dafür einsetzen müssen (opt-out Methode), werden massiv mehr Organe gespendet.
Menschen mögen Selbstbindung: In einer aktuellen Situation mehr Sport zu treiben fällt häufig schwer, da die Kosten (Anstrengung) jetzt anfallen, der Nutzen (Fitness) aber später. Wette ich aber mit einer Freundin um 10 Franken, dass ich am Nachmittag joggen gehe, dann ändern sich die Anreize, da ich bei einer Entscheidung gegen den Sport unmittelbar ökonomische und soziale Konsequenzen erfahre.
Menschen mögen aufbereitete Information: Anstelle langer Texte schätzen es die Menschen, wenn Informationen mit einfachen Infografiken, kurzen Videos oder klaren Prozessen geleitet werden. So lässt sich eine gewünschte Reaktion eher erreichen.
Im Marketing bedeutet das, jetzt noch konkreter dargestellt, dass Sie beispielsweise:
Das Ziel des verhaltensökonomisch geprägten Marketings ist letztlich, dass wir unsere Kund:innen oder Patient:innen besser verstehen und dadurch bessere Angebote und Rahmenbedingungen kreieren – sprich für Kund:innen und Marken einen Mehrwert kreieren.
Auch wenn diese Empfehlungen aus der Verhaltensökonomie nicht oder nur teilweise neu sind, besteht doch noch sehr viel ungenutztes Potential, diese auch in der Praxis zu nutzen. Wenden Sie sich an uns, wenn Sie darüber mehr erfahren möchten: tarja.zingg@lumina-health.ch
BAG: Verhaltensökonomie und Nudging in Gesundheitsförderung und Prävention